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Heidelberger Reha-Tage 2014

Zwischen 3D-Drucker und Gehörlosen-ABC: Heidelberger Reha-Tage machten Integration erlebbar

Kalendereintrag

Katharina Metzner ballte die rechte Hand zur Faust. „Das ist ein S. Aber nicht wie Sozialismus, sondern wie SRH“, lachte sie. Als nächstes streckte sie den Zeigefinger, zeigte nach links. „Das ist das T.“ Fasziniert lernten die Besucher der Heidelberger Reha-Tage nach und nach das Gehörlosen-Alphabet. Kommunikationspädagogin Katharina Metzner gab damit Einblick in ihre Arbeit als Übersetzerin für hörbehinderte Reha-Teilnehmer. „Denken Sie in der Beratung daran, wie mühsam es für Gehörlose oft ist, für ihre Bedürfnisse einzutreten“, gab sie den Zuhörern mit auf den Weg.


Welche individuellen Möglichkeiten berufliche Rehabilitation bietet, war das zentrale Thema auf den Reha-Tagen. Das SRH Berufsförderungswerk Heidelberg (BFW) hatte am 16. und 17. September Reha-Berater dazu eingeladen, sich über neue Entwicklungen auszutauschen.


Denn die berufliche Rehabilitation verändert sich, das war in Heidelberg durchaus wörtlich zu nehmen. „Herzlich willkommen auf unserer schönen Baustelle zwischen Neckar und Odenwald“, begrüßte Thorsten Schenk als Leiter des Kundenservice die Gäste im Seminarzentrum der SRH. Nebenan modernisiert das BFW sein Ausbildungsgebäude für 5 Millionen Euro, zusätzlich baut die SRH ein neues Tagungshotel. „Berufliche Rehabilitation muss sich auf neue Pfade begeben, um beweglich zu sein. Fachkräfte werden gesucht, deshalb sind Praxisprojekte immer wichtiger“, so Schenk.


Das konnten die Besucher direkt selbst ausprobieren. Im technischen Labor bestaunten sie die Möglichkeiten moderner 3D-Drucker. Angehende Maschinenbautechniker hatten am Computer einen individuell passenden Schaft für eine Prothese gefertigt und ausgedruckt. Qualitätsfachleute gaben Einblick in ihre Arbeit mit hochsensiblen Messgeräten. Auszubildende der Informatik berichteten, wie sie dank erfolgreicher Projektarbeiten bei renommierten Unternehmen eingestiegen sind.


Neue Dienstleistungen aus dem BFW für Unternehmen präsentierte Christine Schmidt, Leiterin des Unternehmensservice. Die Konzepte aus dem Assessment helfen Unternehmen, Mitarbeiter wieder einzugliedern oder bei veränderter Leistungsfähigkeit neu einzusetzen. „Belastungen in der Arbeitswelt nehmen zu, das belegen höhere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und die Zunahme psychischer Erkrankungen. Hier helfen etwa Workshops für Führungskräfte, Überlastung frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern“, erklärte Schmidt.


Welche große Rolle psychische Erkrankungen im Beratungsalltag spielen, offenbarte der Vortrag des Neurologen Rolf Zimmer zu Angststörungen. Jeder Vierte leide im Laufe seines Lebens darunter. „Angststörungen haben allerdings eine hohe Dunkelziffer. Oft wird aufgrund körperlicher Symptome die eigentliche Erkrankung zu spät erkannt und ist dann meist schon chronisch“, sagte der Arzt. Egal ob plötzliche Prüfungsangst oder komplizierte Phobie: Es brauche eine differenzierte Diagnose. Leider ließen sich berufliche Anforderungen dann nicht immer mit einer Konfrontationstherapie vereinbaren.

Die schwierige Vereinbarkeit von Recht und Gerechtigkeit beleuchtete Prof. Dr. Astrid Wallrabenstein von der Uni Frankfurt. Die Sozialrechtlerin zeigte am Beispiel des Gesundheitswesens und der Hartz-Reformen, dass allgemein formulierte Regelungen zwar finanziell effizient, im Einzelfall aber problematisch sind. Häufig werde vor Gericht über die Anwendung entschieden. „Allerdings geht es bei einer beruflichen Rehabilitation oft nicht darum ob, sondern wie sie bewilligt wird. Der Weg vor Gericht dreht hier nur Schleifen, deshalb müsste es eine andere Regelung geben.“ Besonders vor dem Hintergrund einer Reform des neunten Sozialgesetzbuchs wäre mehr Rechtsprechung hilfreich. Leider sei die berufliche Rehabilitation für die großen Träger nur „Kleinkram am Rande“, so der Eindruck der Professorin.

„Ja, wir sind eine Nische, aber eine ganz wichtige! BFWs sind keine reinen Qualifizierungseinrichtungen mehr, sondern Partner bei einer individuellen Integration“, resümierte BFW-Geschäftsführer Markus Hertrich. Anregungen für diese Partnerschaft nahmen die Besucher der Reha-Tage reichlich mit – und die Einladung, nächstes Jahr wiederzukommen.

Laden Sie sich hier die Präsentationen der Veranstaltung herunter:

  • Birgit Bischoff_Logopaedie_Praxisvormittag
  • Christine_Schmidt_Unternehmensservice
  • Katharina Metzner_Schnellkurs in Gebaerdensprache
  • Matthias Wetzer_DO IT_Praxisvormittag
  • Rolf Zimmer_Angststoerungen und berufliche Rehabilitation