Eigentlich hatte alles gut angefangen: Melanie Greitz (Name geändert) war als Ingenieurin für Mikrosystemtechnik gut ausgebildet, hatte sich beruflich neu aufgestellt, wollte durchstarten. Trotzdem fand sie nach ihrem Abschluss 2014 keine Stelle. Fünf Jahre schrieb sie Bewerbungen, wartete und hoffte auf den Job. Durch die ständige Belastung bekam sie eine psychische Erkrankung.
Der entscheidende Funke zur Veränderung kam von ihrem Reha-Berater bei der Agentur für Arbeit: „Er hat sich meine Unterlagen angesehen und gesagt, dass Wirtschaftsinformatik doch etwas für mich sein könnte“, erinnert sich Melanie Greitz. „Informatik war schon immer ein Hobby von mir, das konnte ich mir gut als Alternative vorstellen.“
Der Arbeitsmarkt gibt ihr recht: 2021 konnten in IT-Berufen 28.700 offene Stellen nicht besetzt werden, zeigte eine Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung. Quereinsteiger sind da eine Chance für Unternehmen.
Melanie Greitz testete in einem Reha-Assessment an der SRH Berufliche Rehabilitation, ob ihr die Informatik als Beruf liegt. Das Heidelberger Unternehmen unterstützt Menschen nach Unfall oder Erkrankung dabei, beruflich wieder einzusteigen. Vor einer Ausbildung probieren die Teilnehmenden aus, welche Tätigkeiten in Frage kommen. Melanie Greitz überprüfte ihr Wissen in Mathematik und Technik. „Das hat mir fachlich viel Spaß gemacht, da wusste ich, dass ich die Ausbildung wagen kann.“
Nach der langen Pause war sie nicht auf sich allein gestellt. „Die Ärzte und Psychologen im BFW haben mir in dieser Zeit sehr geholfen, auch in meiner Reha- und Integrationsmanagerin hatte ich bei Fragen immer eine Ansprechpartnerin.“
Wichtig für den Erfolg in der Ausbildung war auch ihre Gruppe. IT-Berufe sind dabei längst keine Männerdomäne mehr. Ein Viertel der Teilnehmenden waren Frauen. Gemeinsam unterstützten sie sich, als aufgrund der Pandemie der Unterricht zwischen online und Präsenz wechseln musste. „Wir haben uns gegenseitig mit unserem Wissen und unserer Rückmeldung geholfen, sodass wir im September 2022 unseren Abschluss machen konnten.“
Entscheidender Jobmotor war das Praktikum während der Ausbildung. „Ich habe mich mit den Unterlagen aus dem Bewerbungstraining auf eine offene Stelle beworben und dann für ein Praktikum angefragt.“ In dem Unternehmen aus der Software-Entwicklung kann Melanie Greitz vor allem ihre Kenntnisse in SAP einsetzen. „Es tat gut, zu sehen, dass ich wieder etwas leisten kann. Nach dem Praktikum hat man mir dann die Stelle angeboten.“ An ihrer Arbeit schätzt sie die Abwechslung.
„Die Umschulung war auf jeden Fall die richtige Entscheidung“, sagt Melanie Greitz heute. Trotz ihrer Interessen sei so ein Neuanfang allerdings kein Selbstläufer, stellt sie klar: „Wichtig ist einerseits Durchhaltevermögen und andererseits, die Angebote und die Hilfe, die man bekommt, auch anzunehmen.“