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Der richtige Draht zur Ausbildung

Kalendereintrag
Foto: Zwei Hände biegen eine Drahtfigur

„Warum ist das so schwer, ich kann das nicht!“ Die junge Frau ächzt und grummelt. Immer wieder bearbeitet sie mit einer Zange einen langen, dünnen Draht. Sie soll daraus eine Figur biegen, die genauso aussieht wie die Vorlage auf dem Blatt Papier vor ihr. Einzige Hilfsmittel: verschiedene Zangen und das eigene Geschick.

Die junge Frau ist Schülerin an der SRH Fachschule für Ergotherapie. In ihrem späteren Beruf unterstützt sie beispielsweise Menschen, die nach Krankheit oder Unfall einen neuen Beruf lernen müssen. Sie leitet Klienten an, vermittelt ihnen Handgriffe und muss sie beurteilen. Wie das geht, üben die Schülerinnen und Schüler am Dienstag (4. Juni) in der SRH Berufliche Rehabilitation in Heidelberg.

Hier bereiten sich Menschen nach Unfall oder Krankheit auf einen neuen Beruf vor. Welcher optimal zu ihnen passt, ermitteln sie in einem so genannten Assessment. Über Aufgaben erfahren sie, wo ihre Fähigkeiten liegen. Berufspädagogen und Ergotherapeuten unterstützen sie dabei.

Zwei Wochen zuvor waren die angehenden Ergotherapeuten schon zu Gast und bekamen theoretischen Input, welche Arbeitsfelder es hier für sie gibt. Heute testen sie die Übungen selbst. Berufspädagoge Hartmut Hatzfeld ermutigt die Gruppe deshalb, ab und zu die Perspektive zu wechseln: von der Teilnehmer-Rolle zu der des Therapeuten:

„Kommen Sie zurecht?“, fragt er eine Teilnehmerin.

„Nein.“

„Ärgert Sie das?“

„Ja!“

„Machen Sie sich das bewusst, schreiben Sie’s auf, dann können wir es reflektieren!“

Wie geht eine Person an eine neue Aufgabe heran? Wie geht sie mit Rückschlägen um, wann holt sie Hilfe? Darauf bekommt Hatzfeld eine Antwort, wenn er den Teilnehmern beim Drahtbiegen zur Seite steht. „Es geht nicht darum, wie perfekt jemand Drähte biegen kann, sondern wie er eine Aufgabe zu Ende bringt – und ob er dazulernen kann.“

Anschließend bauen die Schüler bei Kollege Bernhard Bender eine Fahrradklingel zusammen – ohne Anleitung. Bei einer Teilnehmerin klingelt es sehr schnell. „Als Ergotherapeutin sehe ich dabei, wie gut jemand Handlungen planen kann und übe mit ihm, Formen und Zusammenhänge zu erkennen“, so ihr Fazit. Fähigkeiten, die etwa Menschen nach einem Schlaganfall häufig wieder lernen müssen.

Nach diesen anspruchsvollen Aufgaben konnten die Schülerinnen und Schüler sichtlich nachvollziehen, wie es jemandem geht, der gerade vor einem beruflichen und gesundheitlichen Neuanfang steht. Und sie haben etwas über sich selbst und ihre Ausbildung gelernt: Selbst wenn es am Anfang heißt „Ich kann das nicht“ – Durchhalten lohnt sich.