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„Toll, wie Sie hier Wissen vermitteln!“

Wer plötzlich aus dem Arbeitsleben fällt, muss oft das Lernen wieder lernen. Gut, dass in der Anpassungsqualifizierung am BFW Heideberg Lernen und Arbeiten ein und dasselbe sind. Wie das funktioniert, haben Reha-Berater:innen der Deutschen Rentenversicherung ausprobiert.

Kalendereintrag
Foto: Teilnehmende des BFW Heidelberg stellen drei Reha-Berater:innen die APQ vor

Wenn Violetta Heidenreich morgens in ihre Firma kommt, greift sie als erstes zu dem bunten Ball mit dem Gesicht drauf. Das Gesicht schaut zum Beispiel fröhlich oder wütend. „Indem ich einen Ball aussuche, überlege ich, wie es mir geht. Dann kann ich meine Stimmung bewusst wahrnehmen und dafür sorgen, dass sie nicht meine Arbeit beeinflusst“, erklärt sie.

Heute schaut ihr Emotionsball zunächst nervös. Denn es haben sich Besucher:innen der Deutschen Rentenversicherung (DRV) angekündigt. Die ehemalige Kosmetikerin erklärt ihnen zusammen mit ihren Kolleg:innen die Arbeit ihrer Firma Orgafix. Nicht nur der Umgang mit den eigenen Emotionen ist in dieser Firma besonders. Denn die Orgafix ist ein Lernunternehmen.

Hier üben die Teilnehmenden der Anpassungsqualifizierung zur kaufmännischen Fachkraft (IHK) alle Arbeiten, die in kaufmännischen Berufen anfallen - von der Büroorganisation bis zum Qualitätsmanagement. Innerhalb von 11 Monaten bereiten sich am Berufsförderungswerk (BFW) Heidelberg der SRH Berufliche Rehabilitation so Menschen auf den beruflichen Wiedereinstieg vor. Die Inhalte werden vor allem über Aufgaben und Projekte vermittelt, theoretischen Input gibt es in so genannten Seminaren. Am Donnerstag (2. Februar) machten sich Reha-Berater der DRV Baden-Württemberg ein Bild von diesem Konzept.

Tritt man in das Großraumbüro der Orgafix, fallen zuerst die Pflanzen ins Auge, die in großen und kleinen Töpfen die Computerarbeitsplätze zieren. Um die Pflanzen kümmern sich die Mitarbeitenden selbst. „Damit steigern wir die Wohlfühlatmosphäre im Büro. Dreimal in der Woche lernen wir außerdem Achtsamkeits- und Entspannungstechniken“, erklärt ein APQ-Teilnehmer den Besucher:innen.

Für gesundes Arbeiten ist jeder Platz ergonomisch individuell eingerichtet. Diese Maßnahmen sind nicht nettes Beiwerk, sondern bereiten genauso auf den Beruf vor, wie die inhaltlichen Tätigkeiten, stellt Lehrkraft René Fleischer klar: „Die meisten Teilnehmenden waren bereits lange Jahre im Beruf und konnten dann durch eine Erkrankung nicht mehr arbeiten. Ihnen ein gesundes Arbeitsklima und einen guten Umgang mit sich selbst zu vermitteln, macht 50 Prozent der APQ aus.“

Damit geht die Arbeit gut von der Hand: Stolz zeigt eine Teilnehmerin ihr Zertifikat des Internationalen Computerführerscheins ICDL, bei dem sie acht Module erfolgreich abgeschlossen hat. „Zu sehen, was man kann, gibt einem neues Selbstbewusstsein.“ Entsprechend motiviert stellen die Teilnehmenden ihre Arbeitsbereiche vor und berichten davon, wie sie Wichtiges zum Thema Nachhaltigkeit oder Datenschutz lernen.

„Dieses Können bringen alle in ihr Praktikum ein und überzeugen so Arbeitgeber durch spezielle Kenntnisse. Umso wahrscheinlicher wird dann eine Übernahme“, erklärt Integrationscoach Dr. Christine Koch-Hallas, die die Teilnehmenden im gesamten Prozess der Bewerbung unterstützt. „Durch den engen Kontakt mit der IHK und den Firmen im Praktikum können wir ihnen die Fachkräfte vermitteln, die sie benötigen.“

„Es ist toll, wie vielfältig Sie hier Wissen vermitteln, sodass die Teilnehmenden nicht nur Fachkenntnisse in den Beruf mitbringen“, war das Fazit eines Reha-Beraters. Vor allem für Menschen, die sehr praktisch veranlagt seien und schnell wieder in einen Beruf einsteigen wollten, könne die APQ ein Weg sein.

Entsprechend viele Eindrücke nahmen die Reha-Berater:innen mit. „Sehr interessant und informativ, wir sind begeistert.“ Zum Abschied gab es einen kleinen Kaktus fürs Büro. Hätten sich alle jetzt einen Emotionsball ausgesucht, hätte der bestimmt sehr fröhlich gelächelt.